Für Niels und Sabine
Vorbereitung
Es gibt keine… Einfach los und mal sehen wann ich in Saint-Jean-Pied-de-Port ankomme, den Ausgangsort meines Abenteuers, meiner Reise, Schlappe 2000 km weg von zuhause, 900 km lang und für ein Couchpotaoes wie mich eine echte Herausforderung.
Ein bisschen Bammel habe ich ja schon diesen Weg zu gehen. Aber was Solls , ich bin ja nicht im Wettstreit mit irgend jemanden. Wenn es nicht klappt, dann ist es halt so. Dann versuch ich es eben ein anderes mal
29.August 2015
So…. alles zusammen,14,5 Kg plus Wasser plus das was ich noch anziehen muss (Wanderschuhe etc.). Flugticket nach Toulouse ist gekauft, Bahnticket nach Bayonne und Saint-Jean-Pied-de-Port noch nicht.
Na dann …. Donnerstag gehts los. Schon 1 Tag Verspätung mangels Flüge…
02.September 2015
Alle Sachen sind gepackt….
alles ist erledigt…
Morgen früh gehts los.
Anreise
Wie komme ich am schnellsten nach Saint-Jean-Pie-de Port?
Das ist gar nicht so einfach, Flug von Berlin nach Toulouse über Brüssel.
Von Toulouse dann mit der Bahn nach Bayonne.
Von Bayonne nach SJPdP …. mit dem Bus. Die Bahnstrecke war gerade eine Baustelle.
Ab Landung habe ich dann genau 60 Minuten um zum Bahnhof zu kommen. Ein Bahnticket hab ich nicht, da ich nicht weiß ob ich den Zug schaffe. Hatte mir also als Plan B stattdessen schon mal ein Hotel rausgesucht. Ibis Budget in Bahnhofsnähe sehr einfach
aber sauber und für französische Verhältnisse nicht zu teuer.
Ankunft in Saint Jean
Mit der Bahn nach Bayonne war kurzweilig und entspannt. Angekommen in Bayonne hatte ich dann noch Zeit für einen Kaffee und eine Zigarette bevor es dann mit dem Bus weiterging.
Ich ganz entspannt am Hauptbahnhof Bayonne
Es war schon Nachmittag als ich in SJPdP ankam. Ich hatte Null Ahnung wo ich hin musste.
Also den anderen Pilgern hinterherlaufen. Vom Bahnhof bis zum Pilgerbüro läuft man ca. 10 Minuten. Da angekommen durfte ich dann erst einmal warten. Dann ging es auf einmal ganz schnell, Stempeln, Muschel kaufen, und da alle Herbergen besetzt waren, wurde von den Hospitaleros etwas oberhalb von Saint Jean eine private Herberge organisiert.
Der Inhaber der Herberge holte uns ( 6 Pilger) mit einem … naja , sagen wir mal einen Viehtransporter ohne Fenster ab. Da dachte ich mir … kann ja lustig werden… wurde es auch. Zumindest gefühlt konnte der Fahrer alles,… nur nicht fahren .
Meine erste Übernachtung auf dem Jakobsweg war schon mal sehr nett. Alles Pilgerneulinge keiner konnte auch nur ahnen was die nächsten Wochen bringen werden. Irgendwie waren wir alle schüchtern, keiner traute sich dann etwas zu erzählen. Gesprächsthema war dann das erstes Pilgermenue des Caminos. Es bestand aus : 1 Tasse Reis , ein Stück ( wahrscheinlich) Fleisch , keine Ahnung welche Gattung. Und 1 halbes Glas Rotwein ( der war ganz gut ) . Dafür hat uns der Herbergs Besitzer auch noch 22€ abgeknöpft.
Tag 1, 05.September 2015
von Saint-Jean-Pied-de-Port nach Roncesvalles, 27km, 1.447
772
Am ersten Morgen meines Jakobsweges stiefelte ich dann los, Richtung Roncesvalles . Leider fehlte das Erlebnis durch das Tor von SJPdP zu gehen. Die Herberge lag oberhalb der Stadt .
Der erste Tag, der erste Kilometer von 900, ich war gespannt.
Meine erste Etappe war 27 km lang und führte über die Pyrenäen. Ich dachte mir… das mach ich locker in 8 Stunden, … denkste… es ging bergauf, und zwar gefühlt nur bergauf, auf ca. 1600 Meter. Bei einem Zwischenhalt in Orison war ich schon fix und fertig. Ich machte eine Stunde Pause und lief dann weiter . Ein großer Fehler. Ich hatte noch nicht mal die Hälfte der Etappe geschafft und war auch noch nicht oben auf dem Gipfel. Der Rucksack drückte auf meine Schlüsselbeine und mir war kalt. Etwas überzuziehen kam mir aber irgendwie nicht in den Sinn . Oben angekommen ( es war schon nachmittags) war ich mit meinen Kräften am Ende und immer noch 10 km vor mir. Ich dachte Gottseidank jetzt geht es nur noch abwärts … nächster Fehler. Abwärts ist für Kniegelenke und speziell für meine, eine Tortur. Kurzum ich kam in der Dämmerung in Roncesvalles total erschöpft aber froh es geschafft zu haben an. Ein Bett bekam ich in einem zweckmäßig eingerichteten Schlafcontainer auf dem Parkplatz wo auch Klo und Dusche waren. Pilgemenü gab es nicht mehr also ließ ich es mit gut gehen und bestellte a´ la carte Entenkeule mit allem drum und dran ( mehr drum als dran 😊 ) dazu eine Flasche Rose aus der Navarra. Eine ganze Flasche Rose´… Die spürte ich dann auf den Weg in mein Quartier. Ich wollte nach rechts, meine Beine aber nach links. Glücklich schlief ich ein und schlief so fest, das ich nicht merkte das noch andere Pilger in den Container kamen.
Tag 2, 06.09.2015
Roncesvalles nach Zubiri, 27,42 km, 180m,
347m
Der zweiten Tag fing gut an, nichts tat mir weh außer die Schlüsselbeine, die waren rot u nd etwas lädiert, und ich glaube ich habe mich in den Pyrenäen erkältet. Aber kein Muskelkater… war schon erstaunlich das ich mit meine 106 kg Lebendgewicht das so ohne weiteres wegsteckte . Heute mal eine Strecke ohne große Höhenunterschiede , da kann ich mich nicht überfordern. Gestern lief ich fast ohne Mitpilger, heute dagegen ist hier richtig was los, richtig Rummel. Ich denke das viele Pilger sich die Pyrenäen Überquerung verkneifen und ihren Pilgerweg ( was nicht verwerflich ist ) erst in Roncesvalles beginnen.
Jedenfalls war der Weg nach Zubiri einfach zu gehen. In Zubiri angekommen, gehe ich erst einmal zum Öffentlichen Refugio um ein Bett zu ergattern. Tja und was soll ich sagen… Completo / Full … es gab kein Platz mehr für alle die nach 16 Uhr da ankamen. Ich versuchte ein Zimmer in Pensionen und Hotels zu bekommen. Alles war ausgebucht. Wieder in der öffentlichen Herberge wurde mir dann gesagt, für 5 Euro könne man nebenan in einer Halle übernachten, auch Sanitäre Anlagen sowie Waschplatz kann man mitbenutzen. Ich nahm dankbar an, und ging in die Halle. Dort gab es einen Stapel siffiger Matratzen. Mir war es nun auch egal, Hauptsache was zum schlafen. Der Abend wurde sehr angenehm. Kontakt mit anderen Pilgern hatte ich keinen, …. ich wollte einfach nur mit mir allein sein. Ich musste doch auf meiner 2.Etappe viel an Niels denken. Ich habe mich dann doch noch ganz gut in der “ Halle “ eingerichtet. Mit mir waren ca 80 Pilger in den Raum die meisten hatten nicht mal eine Matratze und mussten auf den Boden schlafen. Hab also noch Schwein gehabt. Wenigstens waren Klo Dusche und Waschgelegenheit neu und wirklich sehr sauber
Das Essen : war mal wieder “ Pilgermenü “ diesmal 2 Corrizos ca 10 Stk Pommes …. Ende…. das für 10 Euro…. Aber die Pizza die ich mir danach in einem Restaurant bestellte war lecker.
Tag 3. 07.September 2015
Zubiri nach Pamplona, 22,25 km 438 m
516
Bin in Zubiri um 7 Uhr losgegangen.
1. Pause nach 150 m erst mal 2 Kaffee…. dann ging es aber los und zur Abwechslung erst einmal 1 km aufwärts.
Nach 10 km und 2 Stunden später dann die erste Möglichkeit zum Frühstück .
Die Schultern machen immer mehr Probleme, meine Erkältung auch.
Dann nach 8 Stunden Ankunft in Pamplona… und prompt verlaufen also rein in den Bus und in die Innenstadt.
Hostel gefunden wo ich mich für 2 Nächte eingebucht habe.
Also ist morgen Ruhetag, ich bin schlapp wegen der Erkältung und ausserdem sind Schultern und Schlüsselbeine inzwischen so schlimm, das schon die kleinste Berührung schmerzt. Morgen suche ich einen Pilgershop wo ich vielleicht Polster für meine Tragegurte kaufen kann. Übermorgen geht’s dann weiter.
Tag 4. 08.September 2015
Ruhetag
Nachdem ich in einem richtigen Bett, mit richtiger Bettwäsche und eigenem Bad ausgeschlafen habe, geht es mir richtig gut. Pamplona ist wunderschön, es gibt viel zu sehen. Einzig mein Schulterproblem ist noch da. Also suche und finde ich einen Pilgershop wo ich auch gut beraten werde. Der Verkäufer fragte mich was für ein Problem ich mit den Gurten hätte. Ich setze mir den Rucksack auf … so wie ich ihn eben immer trage. Der Verkäufer sieht sich das an und meint “ Du trägst den Rucksack ja auf den Schultern“, ich denke mir na soll ich den hinterherschleifen? der ist ja lustig…. und dann wird es fachmännisch. Er erklärt mir das der Rucksack auf den Hüften getragen wird und an den Schultern nur locker anliegt. Ich frage ihn “ welche Hüften?“ meine Taille geht nach aussen, ( quasi Apfelfigur ) er sagt das machen wir schon. Er stellt mir also den Rucksack ein. Er zieht mir den Beckengurt so zu das ich denke meine Eingeweide kommen oben und unten raus. Keine 5 Minuten später und alles ist wieder OK. An der Taille drückt nichts und die Schultern sind entlastet. Bei JoJo in Potsdam wurde mir das auch so erklärt … und ich hatte das wahrscheinlich mal wieder vergessen.
Und dann war da noch was mit der Brille… Also wenn dir die mal runterfällt, und du trittst sofort mit Wanderstiefel dauf, …. Dann sieht sie so aus , hab ja noch ne Reservebrille a la Jürgen Klopp
Pamplona ist eine sehenswerte Stadt, ( ausser beim Stiertreiben… das ist für mich Tierquälerei ). Die Bar von Ernest Hemingway ist jetzt eine Dönerbude so wurde mir erzählt. Das Café wo er einst saß ist immer noch vorhanden. Pamplona lohnt sich für 2 Tage.
Tag 5. 09.September 2015
Pamplona nach Puente la Reina 26,43 km, 489 m,
605m
Der Weg aus Pamplona ist ziemlich öde , man läuft viel an Strassen entlang. Dann aber wenn das geschafft ist dann wird es wieder richtig schön. Anstrengend ist der Aufstieg auf den Monte el Perdon. Da quält man sich hoch über Schotterpisten, freut sich das man es geschafft hat, und dann …. steht da oben eine Pommesbude, ich dachte ich werd nicht mehr. Nicht schön. Sehr viel Rummel.
Heute war es teilweise wieder die Härte… Über Schotter hoch, dann an der Pommesbude vorbei und auf der anderen Seite über noch mehr Schotter runter.
Meine Erkältung scheint überwunden ( Danke für eure Anteilnahme).
Ich hab ja etwas geschummelt… Oben bei der Pommesbude stand ein Wagen von der Herberge Santiago Apostol der kostenlos das Backpack mitnimmt ( hier herrscht Konkurrenz unter den Herbergen) … Hab ich wahrgenommen… War schön die letzten km nur mit leichten Marschgepäck zu laufen zumal der Weg nicht ohne war
Wie gesagt die Herberge ist recht neu hat ca 70 Betten a la Jugendherberge ist preiswert und gut und sehr sauber. Kann ich nur empfehlen.
Nochwas…. Bin bisher 103 km gepilgert … Nur mal so am Rande
Und dabei kommt ne Menge hoch worüber man so nachdenkt… Hab heute schön geheult… das befreit.
Tag 6. 10.September 2015
Puente la Reina nach Estella 24,9 km, 543m ,
486m
Aufstehen nach einer sehr lauten Nacht ( so ziemlich alle haben geschnarcht… Ich wohl auch ).
Um 5:30 aufgestanden, ich hatte ein Bett am Ausgang wo dann die Nachtpilger schon sehr früh alle anderen stören.
2 Kaffee runtergekippt und gleich auf die Piste.
Nach 3 km oder eine Dreiviertel Stunde später dann Frühstück.
Schön bei leichten Regen ( der aber warm ist) gelaufen bis zu einer Albergue wo Halbzeit war.
Heute fiel mir das laufen schwer, habe etwas geschwächelt oder hatte vielmehr keine Lust zu laufen…. Vielleicht sollte ich meine Touren nicht so lang machen. Ich muss ja keinem etwas beweisen.
Hatte mir Wasser gekauft welches nur in 1,5 l gleich 1,5 kg gibt plus den halben Liter den ich noch hatte…. Hatte überlegt die Hälfte wegzugießen ließ es aber.
Unterwegs treffe ich eine Pilgerin ca 60 Jahre aus Kalifornien, sie sitzt… meckernder Weise auf einer Mauer und sagt zu mir : ( so hab ich es verstanden stupid way , bullshit (mein Lieblingsschimpfwort auf Englisch) , fucking camino! Ich fragte sie ob ich ihr helfen kann, sie sagte sie hätte nichts zu trinken … Tja, da haben meine 1,5 l doch noch was genutzt … Später traf ich sie rauchend und mit einem großen Bier in der Albergue wieder
Tag 7. 11.September 2015
Estella nach Los Arcos, 24,74 km, 453m ,
438m
Heute sind Unwetter mit Starkregen angesagt, kann ja lustig werden. Angekommen und gleich ein Bett bekommen. Sitze gerade beim Abendessen, hatte mir Wasser bestellt.
Ich beobachte seit 3 Tagen ein Pilgerpärchen welche die 80 schon längst überschritten haben. Die Zwei laufen den Camino immer Hand in Hand, in Trippelschritten und kommen doch immer an. So richtig alte Liebe … Wie im Film … Vielleicht mach ich mal ein Foto von den beiden.
Ja und eben kommt nun die alte Dame an meinen Tisch und spricht mich auf Französisch an. Ich denke sie möchte die Menükarte und ich sage “ oui Madame “
Da nimmt sie sich mein Wasser, geht zu ihrem Tisch und gießt ihrem Mann und sich die Gläser voll. Die leere Karaffe stellt sie mir wieder auf den Tisch, bedankt sich mit “ merci“ und geht wieder. War wie im Comic. Tolles Erlebnis eben oder?
Tag 8, 12.September 2015
Los Argos nach Viana, 18,52 km, 505m ,
462m
Heute war der erste richtige Regentag, ist mal was anderes. So kommt der schwere Regenponcho mal zum Einsatz. Habe mich über den Poncho so richtig geärgert, 3 Minuten hält er dicht. Sobald er feucht ist lässt er aber den Regen durch, besonders an den Nähten… Fehlkauf .
Und seit 3 Tagen treffe ich die Dame aus Kalifornien immer mal wieder ( die so geflucht hat)… sie flucht immer noch . Könnte mich wegschmeissen.
Der Tag heute war recht anstrengend , es ging gefühlt nur nach oben. Aber die Aussicht entschädigt für alles. Mir ist als ob ich 100 km weit sehen kann. Tolle Landschaft. In Viana ist heute das gleiche Volksfest wie in Pamplona. Die ganze Stadt mit Millionen Kinderwagen und deren Inhalt sind hier. Viana ist ein schönes Städtchen … ohne Volksfest. Morgen ist hier ( genau wie in Pamplona) Stiertreiben. Dazu werden die Kopfsteinpflaster Straßen extra nass gemacht damit es für die Stiere schön rutschig ist. Tierwohl ist den Spaniern egal. Hauptsache Spass. Naja ich hab dazu eine andere Einstellung.
Tag 9, 13.September 2015
Vienna nach Logroño 11,24 km, 118m ,
198m
Es war eine kurze Tour, ich muss nicht immer 25 km und mehr laufen. In Logroño hatte ich eine schöne Unterkunft , mitten in der Stadt. Fast wie ein Hotel. Richtig schön. Ich habe bis auf ein paar Wortwechsel noch keinen Kontakt mit anderen Pilgern gehabt. Wird langsam Zeit, das ich mich mal mit welchen unterhalte. Heute habe ich die Provinz Navarra verlassen und bin nun in der Provinz Rioja.
In Logroño drehen sogar die Glocken durch… hab ich vorher noch nie gesehen.
Tag 13, 17.September 2015
Santo Domingo de la Calzada nach Belorado 28,95 km, 464m ,
329m
Heute wechsele ich wieder die Provinz.

Heute bei 8 Grad und strammen Gegenwind bräuchte ich eine Pudelmütze und Handschuhe.
Diese Eltern laufen den Camino mit ihrer Tochter. Mal abgesehen davon das ich denke ein vielleicht 10 jährigen Mädchen würde jetzt viel lieber mit ihren Freundinnen spielen, glaube ich das es für ein Kind nicht gut ist mit einem schweren Rucksack und zu großen Schuhen ! ( Hab es gesehen) den durchaus anspruchsvollen Weg zu laufen.
Der Gesichtsausdruck sprach Bände, das ist allein das Ego der Eltern .Schade und schlimm fürs Kind .
Ich schlafe heute in einem 8 Bett Zimmer in der Herberge A Santiago, im Augenblick sind wir zu dritt eine Liechtensteinerin und eine Russin (Swetlana) die uns auf Russisch zutextete. Ich verstehe zwar nix hört sich aber nett an
. Sie war schon mehrere Jahre unterwegs nach Santiago. Sie ist in Sibirien losgelaufen. Hochachtung!
Hab ihr erstmal mit mein Ladekabel ausgeholfen … Das hatte ich verstanden…. Mit meinen russisch Kenntnissen
Die Liechtensteinerin ( sie heißt Desiree ) , mit ihr ging ich also runter zur Pilgermesse… Wir waren spät dran… die Messe hatte schon begonnen.
Keine Minute später winkt der Pfarrer seine Schäfchen zu sich, wir sollten alle in eine kleine Kapelle in das Seitenschiff. Wir waren ca 40-50 Pilger… Der Pfarrer ( sehr sympathisch) sprach etwas auf Spanisch und fing an zu singen, und alle machten mit.
Im Anschluss griff er sich Pilger verschiedener Nationalitäten raus, die in ihrer jeweiligen Sprache dann den Pilgersegen sprachen oder eine Geschichte vorlasen.
Im Anschluss gab es den Segen mit Weihwasser .. Ich hielt Niels seine Urne in der Hand , er bemerkte dies und segnete die Urne noch 3 mal. Hab ich garnicht so mitbekommen sondern Desiree hat mir das dann erzählt. Nun ging jeder einzelne Pilger zum Pfarrer, er legte seine Hände auf und sprach dann seinen Segen.
Ich hatte wieder Niels seine Urne in der Hand.
Und nun geschah etwas womit ich nicht gerechnet hatte, was mich sehr tief bewegte.
Nach der Segnung kam der Pfarrer auf mich zu und wollte wissen wer das in der Urne ist. Ich war zumindest erschrocken das er mich direkt ansprach. Ich sagte es ihm, Desiree übersetzte.
Dann konnte ich nicht mehr… Meine Gefühle brachen aus die Tränen kullerten… Er nahm die kleine Urne in die Hand und segnete diese nochmals … sprach das Niels ( den Namen hatte ich ihm gesagt) nun im Himmel sei, Gott schützend seine Hand über ihn und seine Familie hält. Ich war so sehr gerührt.
Den meisten Pilgern erging es auch so… Sehr viele haben geweint, mich und Desiree umarmt… Beileid gewünscht. Ich glaube alle, wirklich alle waren sehr berührt von dieser Szene.
Ich denke, das der Jakobsweg sich für mich an diesem Abend schon gelohnt hatte. Ich weiß nicht ob es noch Steigerungsfähig ist.
Ich werde das niemals vergessen. Und Desiree auch nicht, sie gab mir an diesem Abend und an den folgenden Tagen/ Wochen und Monaten Kraft.
Tag 15, 18.September 2015
Belorado nach Villafranca, 16,08 km, 313m ,
154m
Der Weg heute war kurzweilig. Einen Teil der Strecke lief ich dann mit Desiree.
Tag 16, 19.September 2015
Villafranca nach San Juan de Ortega, 18,41 km, 321m ,
298m
Heute geht es über den Oca Pass nach San Juan de Ortega
Wird hoffentlich nicht so schwierig und schwer.
Hier in Villafranca gibt es Nicht mal ein Kaffee zum Wachwerden
Also muss ich mich mit einem Schluck Wasser auf den Weg machen.
Bin dann wieder ein Stück mit Desiree gelaufen. Und wir haben die gleiche Herberge. Ich habe mal bei Facebook abstimmen lassen: Mit Bart, oder ohne? Es war so ziemlich eindeutig, … MIT Bart. Also ab jetzt nur noch mit Bart. Kommt mir auch sehr gelegen. Zum rasieren kommt man auf dem Camino kaum. Und so lasse ich mir eine schöne Matte stehen. Keiner merkt das ich wieder zu faul war zum rasieren. Es ist eine unglaubliche Weite. Wie weit man sehen kann… wunderschön.
Tag 17, 20.September 2015
San Juan de Ortega nach Burgos 14,81 km, 270m ,
324m
Vor Burgos muss man ein paar Kilometer durch Industriegebiete laufen. Ich hoffe ich finde ein Taxi, Industriegebiete bei den Temperaturen kann man laufen… muss man aber nicht. Die heutige Tour war kurz. Ich will in Burgos ein Tag aussetzen. Einfach weil es sich lohnt. Ein preiswertes sauberes Hotel gefunden. Desiree ist auch dort untergekommen.
Sie hat Probleme mit einem Mitpilger der sie bedrängt. Schade. Niemand sollte sich auf dem Jakobsweg von wem auch immer bedrängen lassen. Da ist man mal nett zu einem Pilger, … und manch einer denkt dann gleich das ist eine Aufforderung zu mehr. Echt zum kotzen. Damit ist ihr Jakobsweg nun alles andere als schön. Wenn ich den Kollegen erwische, …. dann mache ich mit dem ein therapeutisches Einzelgespräch. Geht garnicht. Ich habe den Kollegen dann zufällig in Santiago getroffen. Ihm gesagt das ich ihn die Arme ausreiße und damit verprügeln werde wenn er nicht aufhört damit. Desiree´s Weg hat er verdorben. Es gibt überall Arschlöcher. Auf dem Camino hätte ich das nicht gedacht.
Tag 18, 21.September 2015
Ruhetag
Burgos ist schön, es lohnt sich für zwei Tage.
Tag 19, 22.September 2015
Burgos nach Hornillo del Camino, 25,02 km, 234m ,
292m
Hatte ja nun einen Tag ausgesetzt. Dadurch lerne ich nun wieder viele neue Pilger kennen. Desiree ist vor diesen aufdringlichen Pilger geflüchtet und hat 2 Etappen übersprungen. Schade. Ich hoffe das ich sie mal wieder treffe.
Die meisten die ich bisher kennenlernen durfte waren sehr nett, einige wenige hab ich ins Herz geschlossen, einige wenige waren nicht so mein Ding. Wie im richtigen Leben.
Vielleicht treffe ich wieder so jemanden wie Desiree … War ein Glücksfall, sie hat mich aufgebaut.
Der Camino gibt einem sehr viel.
Tag 20, 23.September 2015
Hornillo del Camino nach Castrojeritz, 20,54 km, 343m ,
372m
Die Strecke heute war lang, …. und immer wieder schön.
Tag 21, 24.September 2015
Castrojeritz nach Fromista, 27,11 km, 301m ,
316m
Heute früh ging es 1 km mit 12% Steigung vor dem Frühstück nach oben. Herrlich, 6 Grad kühl. Es soll heute wieder Sommer werden bis 26 Grad und Sonne pur. …. Es war so schön… und ich dachte an Niels, und das er niemals mehr so etwas schönes sehen wird…. dann konnte ich nicht mehr, da brachen alle Dämme. Die Tränen liefen und es war mir egal das da Pilger waren. Ich war so erschüttert und traurig. Oh man …. ist schon schwer damit klarzukommen.
Tag 22, 25.September 2015
Fromista nach Carrion de los Condes, 23,74 km, 241m ,
189m
Bei Beginn heute waren es 10 Grad, es sollen 28 Grad werden. Da läuft jetzt schon der Schweiss nur von dran denken.
Es ging heute durch wunderschöne Landschaften, Da kann man sehr viel über alles nachdenken. Der Weg war sehr schön und leicht, wie schon geschrieben bringt er einen zum nachdenken weil man nicht auf den Weg achten muss.ich habe dann doch zuviel über Niels, Sabine und meinen Opa (warum nun gerade Opa? ) nachgedacht… war mir dann zuviel, und habe dann AC/DC, Cocker, Soundtrack von French Kiss gehört, einfach um auf andere Gedanken zu kommen. Heute schlafe ich mal in einer kirchlichen Herberge. Ich war sehr angenehm überrascht wie offen und freundlich die Schwestern sind. Richtige Betten, saubere Duschen und sogar Wifi gibt es hier. Muss die deutsche Ecke sein, ein Haufen Landsleute hier. Seit vorgestern treffe ich hier immer wieder zwei Hamburger mit denen laufe ich ab und zu ein Stück, und auch mit Manfred, ( Er hat Parkinson und läuft den Camino schon seit Arles in Frankreich) Hochachtung für diese Leistung. Mit den Hamburgern ist es immer Kurzweilig und es gibt auch mal was zu lachen. Die Fotos mit Datum sind von den Hamburgern Hans und Thomas … ich hoffe ich verletze hier kein Copyright . Der Pilgersegen heute war wieder sehr ergreifend. Nicht wie der wo Desiree dabei war (das wird nie wieder so) aber sehr schön. Anschließend gibt es was zu essen… Hab kein Hunger. ich trinke lieber noch ein Bier und mach dann HeiaBuBu. Hab ein armen Pilger noch ein bisschen Geld für Schuhe gegeben damit der arme Kerl nicht barfuß nach Hause laufen muss.
Tag 23, 26.September 2015
Carrion de los Condes nach Moratinos, 32,96 km, 227m ,
198m
Den ersten Teil der Strecke lief ich durch endlose Felder über staubige Pisten, die Bauern nehmen auf uns Pilger keine Rücksicht und kalken die Felder. dann denkt man… lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen. Und ich lächelte, und ich war froh… und es kam schlimmer.
Am Ende dieser Strecke traf ich dann die beiden Hamburger wieder. Liefen dann gemeinsam zur Herberge. Nun waren es heute doch 33 km mangels Herbergen,
bin in einer gelandet, das ist wie Wellnessurlaub machen.
Wasserbecken für müde Füße nur 16 Betten mehr nicht.
Jeglichen Komfort inclusive Waschservice für meine Wäsche alles kommt wie es kommt.
War ja heute 33 km unterwegs und auf den letzten km war mir immer so als liefe Niels neben mir… Auch hatte ich meinen Rucksack nicht mehr gespürt … Es war fast unheimlich.
Ich sah ihn immer aus den Augenwinkeln.
Hatte dann sogar gefragt ob er da ist … Natürlich ohne Antwort … und ich war mir so sicher … dachte ich werde verrückt.
Tag 24, 27.September 2015
Moratinos nach Bercianos del Real Camino, 21,26 km 154m ,
164m
10 Grad und klarer Himmel, Heute werden es 24 Grad bei Sonnenschein. Es geht nach Bercianos del Real Camino ca. 22 km dann ist Schluss wir haben schließlich Sonntag . Heute verlasse ich die Provinz Castilla und komme in die Provinz Leon. Ich habe heute etwas geschwächelt. Hatte mal wieder keine Lust zum laufen. Angekommen in Bercianos durfte ich dann mit vielen anderen Pilgern warten bis die öffentliche Herberge öffnet. Ein uraltes Gemäuer welches mit viel Liebe zum Detail renoviert wurde. So richtig schön.
Tag 25, 28.September 2015
Bercianos del Real Camino nach Mansilla de las Mulas, 28,94km 268m ,
324m
Heute früh sind es 7 Grad und es sollen 24 werden… Sommertag. Jetzt am frühen Morgen geht auf der linken Seite der Vollmond unter, und rechts die Sonne auf… gleichzeitig, hat man auch nicht alle Tage.
Bin nun heute bis Mansilla de Las Mulas gelaufen 29 km, und habe ein
Bett in der öffentlichen Herberge bekommen. Dann noch eine Einladung zum Nudelessen ( 2 kg Nudeln ( roh) für 4 Personen ) wird knapp
Morgen nochmal Ca 18 km bis Leon dann ist erstmal Pause
Hab wenig Fotos von der Landschaft gemacht … Sieht immer gleich aus. Man kann gefühlte 100 km weit sehen … Wunderschön aber immer gleich… , gleich schön.
Tag 26, 29.September 2015
Mansilla de las Mulas nach Leon, 19,61km 167m ,
129m
Heute früh laufe ich bei 11 Grad los, im laufe des Tages werden es 24. Ich habe mir für heute und morgen ein Hotelzimmer gebucht. Da lasse ich es mal ganz langsam angehen. Muss mich ja nicht um ein Bett hauen.
Ich war wieder mit Hans, Thomas und Manfred unterwegs. Die drei schlafen aber in der Herberge. Dadurch werde ich sie auf dem Jakobsweg nicht mehr Wiedersehen. Tschüss ihr drei. Wir sehen uns. Angekommen in Leon…. von den 20 Kilometern waren 4 km Vorstadt und Industriegebiete. Nicht so schön aber auch da muss ein Pilger durch. Nach dem einchecken wollte ich erst mal zur Kathedrale ( Stempeln ), dabei habe ich mich so verlaufen, das ich mit dem Bus 15 Minuten wieder in die Innenstadt gefahren bin. Die Kathedrale habe ich heute trotzdem nicht gefunden. Die ist zwar riesig, aber in den Häuserschluchten nicht zu sehen. Dann dachte ich mir , geh in die Touristeninformation und hol dir eine Citymap…. blöd nur das die an der Kathedrale ist. Versuch ich es morgen. Heute sind es ca. 520 km die ich bisher gelaufen bin. Also noch etwas über 300 bis Santiago. Da ist der Weg dann noch nicht zu Ende weil ich ja noch nach Muxia und Finestere ( das Ende der Welt) laufe das sind dann nochmal um die 120 km.
Ich möchte den ganzen Weg gehen und nicht nur bis Santiago de Compostela wegen der “ Compostela “ wo ich dann von allen meinen Sünden freigesprochen werde ( da hat der liebe Gott auch ne Menge Arbeit meine Sünden zu löschen). Morgen mache ich mir einen schönen Tag, ausschlafen, Kultur, Chillen … also Seele baumeln lassen. Einfach mal Nichtstun … ausser Friseur.
Tag 27, 30.September 2015,
Ruhetag
Ich war heute eine Dreiviertelstunde beim Friseur zum trimmen und scheren , der hat zwar nicht viel gemacht, dafür aber gründlich. Muss im Hotel erst mal gucken was der da solange gefummelt hat… War jedenfalls angenehm
Nun geht’s erstmal in die Kathedrale … Kultur!
Für die, die wissen wollen wer ist denn Niels überhaupt? Mit wem läuft er denn die ganze Zeit ?
Niels ist mein verstorbener Sohn … Ich hab seine Asche bei mir und ich trage ihn voller Liebe im Herzen. Desiree hat mir Kraft gegeben dies durchzustehen. Sie hatte so viele liebe Worte … Sie war davon so ehrlich berührt
Mehr muss ich nicht schreiben.
Morgen geht es nach Villar de Mazarife Ca. 20 km … Hab mir vorgenommen möglichst nicht mehr als 20 km zu laufen.
Es gibt tatsächlich Pilger die machen täglich über 30 bis 40 km denen kommt es darauf an möglichst schnell am Ziel zu sein. Das sind keine Pilger, das sind Sportler. Aber ich darf nicht darüber urteilen, jeder läuft den Weg so wie er ihn braucht oder möchte.
Eigentlich können die doch mit der Bahn hinfahren und nicht nachts um 4 aufstehen ( andere beim schlafen stören) nur damit sie Strecke machen…. ich finde es schade.
Tag 28, 01.Oktober 2015,
Leon nach Santa Marina del Rey, 25,62km 260m ,
251m
6 km durch die Stadt , Industriegebiete, Brachland… Gehört auch zum Jakobsweg…
Da lernt man Stille und Ruhe zu schätzen.
Ich hatte heute die Popo Karte …. aber die goldene… knapp 26 km an der Hauptstraße lang. Hab mal wieder alles falsch gemacht… Aber richtig. Tja… Falsch abgebogen
In meinem Wanderführer steht geschrieben, das diese Strecke nur Masochisten laufen oder Pilger die richtig was auf dem Kerbholz haben und besonders büßen müssen.
Morgen wird es besser. Hab aber eine tolle Unterkunft mit einer sehr netten Pilgern. Marina Sailer, sie ist Malerin. Ihre Bilder sind richtig schön. ( müsst ihr mal googeln). Und sie läuft den Weg ohne Mobiltelefon usw. …. sie macht es richtig. Mit ihr habe ich wirklich tolle Gespräche geführt.
Tag 29, 02.Oktober 2015
Santa Marina del Rey nach Astorga, 26,78 km 342m ,
350m
Heute früh sind es 7 Grad, und es sollen 18 Grad bei Sonne werden. Es geht heute nach San Justo de la Vega, ca 20 km. Und ich habe jetzt noch 5 Km scheußliche Strecke vor mir.
Irgendwie bin ich in Astorga gelandet. Wollte garnicht hierher. War erst für morgen vorgesehen. Dann sehe ich mir heute mal den Gaudi Palast an. Das heißt, das ich mir morgen erst die Stadt ansehe , und dann ganz gemütlich 10 km durch die Gegend schlendere.

Tag 30, 03.Oktober 2015
Astorga nach Rabanal, 22,70 km ⬆️ 555m , ⬇️ 292m
Temperatur 1 Grad !, und 20 sollen es werden. Na dann mal los in Richtung irgend ein Café.
Habe nun 11 km hinter mir, und bin in Santa Catalina de Somoza gelandet. Heute ist mal wieder nicht mein Tag. Erst friere ich mir den Hintern ab, dann hat mein Knie keine Lust mehr, dann die Schulter die sich dann sagt… wenn das Knie nicht will, will ich auch nicht. Also einen Ort gehe ich noch, sprich 5 Km weiter das war es dann für heute. Und ich brauche dringend Handschuhe, eine warme Jacke wäre auch nicht schlecht. Ich bin auf Sommer eingestellt, und nicht auf Grönland.
Das erste Cafe was offen hatte … Massen von Rucksäcken.
Nun waren es doch mehr Kilometer als ich gehen wollte. Die Überlegung war, den inneren Schweinehund überwinden und noch ein Ort weiter mit 300 Höhenmeter aufwärts zu gehen , oder aber morgen 600 m aufwärts. Ich weiß nicht ob ich das morgen gepackt hätte… es war glaube ich, eine gute Entscheidung.
Ich brauche nur noch einen Laden der Handschuhe, Jacken, Hüften, Schultern usw. verkauft. Na eben sowas. Ich hatte heute mal Waschtag, bin quasi nackt durch die Gegend gelaufen…. naja … fast 😊. In der Herberge gibt es 2 Räume mit jeweils ca 20 Betten. Ich schlafe gegenüber einer reizenden Pilgerin. Sie ist eine sehr faszinierende Amerikanerin, hätte Lust mit ihr zu reden, aber mein Schulenglisch ist dann doch zu schlecht. Lass ich dann mal lieber.
Handschuhe habe ich bekommen, … Jacken, Knie und Schultern waren alle.
Morgen geht es nach El Acebo. Ich muss dazu über den Pass auf ca. 1.500 Meter. Leider soll es morgen hier Gewittern und ordentlich regnen… schauen wir mal.
Tag 31, 03.Oktober 2015
Rabanal nach El Acebo 22,70 km ⬆️ 555m , ⬇️ 292m
11 Grad und Regen… wird lustig heute. Erst einmal hoch zum Pass nach Foncebadón. man sieht zwar nicht viel in den Wolken, aber es ist wirklich wunderschön. Ich befinde mich nun in 1.487 Meter Höhe, und ich habe tatsächlich eine offene Albergue gefunden wo ich etwas zu essen und vor allem einen warmen Kaffee bekomme.
Jetzt nähere ich mich den Cruz Ferro, und ich habe davor richtig Bammel. Aber ich muss da durch. Angekommen am Cruz Ferro … ich muss erst mal schlucken, ist schon irgendwie komisch. Man soll alle seine Sorgen symbolisiert durch den Stein den man von zuhause mitgebracht hat hier abwerfen. Klappt nicht … von Svenja, Martina ( ihre Mama), und auch von Lia werde ich hier einen Stein ablegen, vielleicht nimmt es den beiden ein wenig den Kummer und die Sorgen.
Nicholas ( er spielt später noch eine Rolle) hat für mich dann das ablegen des Steines gefilmt. Danach hatte ich Pipi in den Augen. Das war für mich doch sehr ergreifend, etwas ganz besonderes.
Nun bin ich in El Acebo angekommen, und ich habe kein Geld. Wenn ich Pech habe muss ich noch zwei Orte weiter zum nächsten Geldautomaten. Ich habe Glück, ich kann in dieser Herberge mit Karte zahlen.
So, heute früh im herrlichen Landregen von Kastilien losgelaufen. 1. Stopp zum Kaffee im ersten Ort Foncebadon dann kam schon Cruce Ferro … Da wurde mir so richtig anders.
Im strömenden Regen aufgeregt den Stein und die Figur rausgesucht… Da quatscht mich ein Schwede voll ob ich Lust auf ein Bier habe 😡 ich hätte Lust gehabt ihm eine … Ach lassen wir das…
Tja und nach der Videoaufnahme hatte ich endlich Zeit mal Meinen Emotionen freien Lauf zu lassen. Hatte ne Weile gedauert bis ich mich dann beruhigt hatte.
Dieser Ort hat etwas… ich kann es garnicht beschreiben … Vielleicht mystisches, dieser Ort ist etwas ganz besonderes.
Hab mir auch verkniffen dort detailierte Fotos zu machen oder über die abgelegten Steine zu laufen. Ich denke das sollte man nicht.
Dann hab ich die Miniurne von Niels ausgepackt, mit ihm gesprochen als wäre er da ( vielleicht war er es auch) und geweint ( was mir gut tat). Nun ich musste ja weiter es ging noch ein Stück hoch ( hatte schon Gletscher zumindest aber Schnee oder sowas erwartet)
Das Elend begann mit dem Abstieg , steil über loses Geröll … Und nun bin ich hier in der Herberge und bin froh das Feierabend ist 😊.
608,31 ist die Zahl des Tages… oder anders: bin ich bis heute den Camino gelaufen. ( Km natürlich). Heute gehe ich mal so richtig dreckig ins Bett… es ist zu kalt zum duschen. Noch etwas zu der Herberge , als ich ankam wurde mir der Schlafraum gezeigt, alles tiptop. Im Waschraum standen zwei Riesen Kübel mit Wasser. Ich dachte das Dach ist undicht oder sowas. Die amerikanische Pilgerin mit Ihrem Sohn sind auch da, und wir essen am Abend gemeinsam mit noch anderen Pilgern. Es ist sehr entspannt.
Tag 32, 05.Oktober 2015
El Acebo nach Ponferrada, 18,31 km, ⬆️ 275m , ⬇️ 861m
Heute früh, in der Herberge … Fröhlich voller Tatendrang raus aus der Koje … Ab zum Zähneputzen…. 😡 kein Wasser ( auch fürs Klo nicht), dafür also waren die beiden Wasserkübel da. Denke ich, kein Problem hab ja Selters … Habt ihr ne Ahnung wieviel Schaum das gibt wenn man Selters zum Zähneputzen nimmt… Unglaublich
Also danach erst mal den Schaum von der Hose und T-Shirt gerieben. Heute ging es los im strömenden Regen zum nächsten Café … Welches zu hatte😡
Fürs Hotel reichte mein Bargeld nicht ( hatte noch 4,17€) . Nagut geht ja auch ohne Kaffee … Hatten die Pilger im Mittelalter auch nicht.
Ich musste 9 km über Ziegenpfade 860 m abwärts dafür hatte ich dann noch 9 km Straße zu laufen.
Und nun sitze ich in einem Café in Ponferrada beim Frühstück und schreib euch diese Zeilen.
Hatte sogar eben mit einem Engel geschrieben😉 der Engel weiß schon.
Ich schlafe heute in einer kirchlichen Herberge , wunderschön … nur leider an einem großen Parkplatz. bin erst mal nach Dusche und Wäsche waschen durch die Gemeinde gelaufen . Schönes Städtchen. Zum Essen habe ich nichts passendes gefunden also gehe ich gegenüber vom Parkplatz in ein Restaurant. Und wer sitzt da? Jaelyn und ihr Sohn. Sie winken mich an ihren Tisch und wir essen und trinken dann gemeinsam. Nicholas spricht ganz gut deutsch und ich schlecht englisch. Wir verstehen uns prächtig. Es war ein schöner Abend mit den zweien. Jaelyn strahlte wieder und ich war ganz verzaubert von ihrem Lächeln und lachen. So viel Lebensfreude.
Tag 33, 06.Oktober 2015
Ponferada nach Cacabelos, 20,07 km, ⬆️ 364m , ⬇️ 425m
Heute früh geht es in Richtung Cacabelos. Vorher aber erst mal einen Café oder ein „desayuno Continental“. Also ab gegenüber in eine Hotellobby. Und wen treffe ich da? Die liebenswerte Pilgerin aus Seattle Jaelyn meine neue Pilgerfreundin mit ihren Sohn. Die hatten sich dort ein Zimmer genommen. Wir plaudern ein wenig … also ich mit meinem Schulenglisch welches nicht „the yellow from the egg“ 😊😊ist. Aber dank Nicholas geht die Kommunikation dann doch. Jaelyn, so heißt die junge Frau ist kurz davor den Camino abzubrechen. Sie hat riesige Probleme mit ihren Füßen. Besser gesagt Blasen an den Füßen, oder anders, es ist eine einzige Blase an beiden Füßen. Ich bitte sie mir Ihre Füße zu zeigen. Sie zeigt mir bereitwillig ihre Füße… eine einzige Katastrophe. Ich bin der Meinung sie muss dringend pausieren, das Problem ist das Zeitfenster welches sie für den Camino hat. Ich habe ja meine Apotheke dabei, also kümmere ich mich um ihre Füsse… desinfizieren, verbinden und mit Pflaster versorgen. Ich bin dabei sehr vorsichtig, sie soll keine Infektion bekommen. Sie ist mir dankbar dafür. Sie wird nach Sarria mit dem Bus fahren und dort pausieren. Vielleicht sehe ich sie ja dort wieder. Heute läuft sie aber noch… was ich nicht so gut finde. ….
Vorgesehen ist heute Pieros, ca. 18 km, vielleicht sogar Villafranca del Bierzo nochmal 8 km weiter…. Je nach Wetterlage, Lust und Laune. Heute hatte ich einen Bettnachbarn aus Deutschland. Der quatscht mich gleich voll wegen der vielen Flüchtlinge in Deutschland, und das ihn das ankotzt, die wollen alle nur unser Geld usw. Na die üblichen rechtsradikalen Sprüche eben. Dann der Spruch überhaupt… sagt er zu mir er kann Ausländer nicht leiden…. Ich habe ihn dann gefragt was er dann hier auf dem Jakobsweg macht😊. Das hat wohl gesessen. Er sprach dann kein Wort mehr ( mit mir ).
Es sind die kleinen Dinge die den Weg ausmachen.
Auch im Chaos funktioniert hier alles. ( hier ein ganz normaler Stromverteiler ). . Tag 34, 07.Oktober 2015
Nur noch etwas mehr als 190 km bis zum Showdown.
Cacabelos nach Villafranca del Bierzo, 26,79 km, ⬆️ 761m , ⬇️ 658m
Nun bin ich schon den 3. Tag mit den beiden Amerikanischen Staatsbürgern aus Seattle ( eigentlich aus Bellingham in der Nähe von Seattle) unterwegs. Da wir uns weder auf deutsch, englisch oder spanisch so richtig unterhalten können verstehen wir uns prächtig mit einem Mischmasch aus den drei Sprachen. Jaelyn ist so “ Charming and humorous“ ich mag die beiden sehr. Heute früh sind es 9 Grad, klarer Himmel und es werden 18 Grad erwartet. Ein schöner Tag zum laufen. Heute möchte ich den Camino Duro laufen, das heißt Berg hoch und später wieder runter. So wie Hape Kerkeling das in seinem Buch geschrieben hat…. Möchte… hab ich aber nicht, hab den Aufstieg verpasst / nicht gefunden.
Für den der kein Spanisch kann, wurde die Bedeutung des Wortes nochmal auf das Schild gemalt.
Heute war wieder ein nicht endend wollender Weg, zweimal verlaufen ( ich durfte ja die Nationalstraße 6 genießen )
Habe dann dort eben Musik gehört ( soll man ja nicht beim pilgern )
Unter anderem Barbra Streisand, Liza Minelli, Kool Savas und noch zum abspannen Lindsey Stirling
Wo ich losgelaufen bin konnte ich den Runtastic nicht einschalten weil immer eine Geschwindigkeit von 50 km/h anzeigt wurde. Das ist höchstens die Fallgeschwindigkeit wenn ich mal stolpere.
Das GPS funktionierte erst eine halbe Stunde nachdem ich losgelaufen war wieder.
Heißt also … Ich war heute knapp 7 Stunden unterwegs und bin um die 28 km gelaufen.
Und nun sitze ich beim Bier … Ungeduscht… Weil keine Lust … und lass in dieser herrlichen Autobahnraststätte in Portela?… naja irgendwo zwischen Autobahn / Landstrasse und Tankstelle ( was anderes ist diese Herberge nicht) die Seele baumeln. Heute habe ich die überaus reizende Catherine aus Deutschland kennengelernt. Eine tolle Frau und Pilgerin. Wir hatten gute Gespräche. Sie kennt auch Jaelyn und ihren Sohn. Ja der Camino ist eine kleine Welt für sich. Jeder kennt irgendwie jeden. Schön ♥️
Tag 35, 08.Oktober 2015
Villafranca del Bierzo nach Hospital, 25,08 km, ⬆️ 1.089m , ⬇️ 452m
4 Grad, … 18 Grad und den ganzen Tag Sonne sollen es werden. Es wird wohl der härteste Tag des Camino. Jaelyn und Nicholas werde ich vielleicht oder hoffentlich in Sarria wiedersehen. Jaelyn muss wegen ihrer Füße ein paar Tage aussetzen und hat mit dem Bus zwei Etappen übersprungen. Ist besser so.
Man kann hier tatsächlich ein Pferd mieten welches dann den Pilger und sein Gepäck nach oben auf den Pass bringt. Es ist ja nicht schlimm wenn man sich diese Tortur ersparen will, aber auf einem Pferd? Ich finde es nicht Ok, vielleicht sehe ich das ja falsch, aber für mich ist das Tierquälerei. Wenn es dann wenigstens Kaltblüter , Haflinger oder sowas wären.
Ich habe die ausgemergelten Tiere gesehen ( glaub ich ). Furchtbar. Na gut also rauf auf den Berg. Nach halber Strecke, oben am Pass in La Faba konnte ich dann endlich Frühstücken. Also eine Suppe und 2 Alkoholfreie Biere. Ich habe unterwegs alle meine Mineralien verbraucht. War nett, ich frühstücke und dabei schlendern Kühe an mir vorbei.
Und ich Wechsel heute zum letzten mal die Provinz. Ich bin nun in der Provinz Galizien. habe ein kleines Problem, ich habe keinen Schlafplatz. Ich bin schon in Linera, auch da alles voll. Muss also noch einen Ort weiter. Mein Problem, … ich kann nicht mehr. Mal sehen wie weit ich komme.
Feierabend, habe in Hospital ( IN, nicht IM😊 ) noch ein Bett bekommen. In der Dorfkneipe hatte ich das bisher beste Pilgermenü dieses Caminos gegessen.
Tag 36, 09.Oktober 2015
Hospital nach Sarria, 40,94 km, ⬆️ 634m , ⬇️ 1.461m Keine Ahnung wie kalt es ist, in 1.200 Meter Höhe ist es immer Kalt. Jedenfalls haben wir klaren Himmel. Ich will heute versuchen von diesem Berg herunter zukommen.Weit über 20 km… meinem Knie habe ich nichts davon gesagt. Sonst hätte es gleich gestreikt.In Alto do Poio ist erst mal Frühstück angesagt. Die Orts und Straßennamen erinnern mich nun immer mehr an Portugal.
Heute habe ich besonders viel an Sabine gedacht. Ich habe die Schutzengelkarte die sie mir geschenkt hatte immer dabei. … Sie hätte die besser gebrauchen können. Sabine du fehlst mir sehr.
Der berühmteste Apfelkuchen des Camino, hier in Triacastela. Den muss man einfach gegessen haben.

Heute komme ich nicht vorwärts, erst 15 km . Ich habe wirklich Probleme mit meinem Knie. …. Und dann sind da noch so viele Cafés 😊. Landschaftlich eine der schönsten Etappen finde ich. Nur etwas zu lang.
Ich bin doch tatsächlich in Sarria angekommen, nach 12 Stunden. Das erste Hotel was ich fand war meins. Ausgepowert aber glücklich. Ich bin richtig zufrieden und fühle mich wohl. Morgen ist Auszeit . Vielleicht treffe ich ja meine beiden Amis wieder.
Trotzdem war heute nicht mein Tag, ich wollte eigentlich nur den Berg runter, also so um die 25 km. Und was passiert? Alle Albergues / Herbergen “ Full ,Completo “
Also sag ich mir… Bis zum nächsten Ort sind es ja nur ein paar Kilometer 😞 …. War ja richtig, es gab aber 3 Alternativen zum laufen und ich hab mir den falschen Weg ausgesucht😡 die ersten beiden Albergues waren “ ecologica“ also da gab es nichts … überhaupt nichts… Keine Waschmaschine, Wifi, warmes Essen … Nichts
Tja, und so bin ich nun ein Tag eher in Sarria gelandet.
Tolles Hotel “ Doppelzimmer“ für 2 Nächte für 30 ! Euro
Man muss auch mal Glück haben 😊
Tag 37, 10.Oktober 2015
Ruhetag
So nun bin ich in Sarria, völlig ausgepowert, es gibt nichts was mir nicht wehtut. Der gestrige Gewaltmarsch steckt mir noch in den Knochen. Vielleicht bleibe ich sogar 2 Tage hier. Es ist die letzte Pause vor Santiago. Bisher bin ich ca. 740 km gepilgert. Ich bin nun doch aus dem Hotel ausgezogen. Ich habe keine Lust alleine zu sein. Vielleicht treffe ich ja mir bekannte Pilger.
Und nun habe ich nicht nur Jaelyn und Nicholas, sondern auch Ulli und Rosella aus Berlin, Hailey, Kerri und noch andere mir bekannte Pilger getroffen. Ich habe mich in einer wunderschönen Herberge bei Jaelyn und Nicholas einquartiert. Heute Abend treffen wir uns alle in der Pizzeria nebenan zum Abendessen.
Es war so schön heute Abend. Svenja ( meine Tochter ) hat mir eine Nachricht gesendet. Sie schreibt ( mit Foto ) das Sascha um ihre Hand angehalten hat. Sie hat ja gesagt und ist nun offiziell verlobt. Ich bin so glücklich darüber. Wir singen den beiden ein Ständchen. Nach dem ( lange dauernden ) Abendessen sind Jaelyn ihr Junior, ein paar andere und ich noch in das Kaminzimmer der Herberge gegangen und haben selbstgebrannten Grappa und Zitronenlikör getrunken, Lieder gesungen über unseren Jakobsweg, unsere Erlebnisse ausgetauscht. Jaelyn und ich verstehen uns wirklich gut. Ich mag sie sehr . Es war ein wirklich schöner Abend, der schönste auf meinem bisherigen Jakobsweg. Ich habe beschlossen auch morgen auszusetzen. Es ist einfach zu schön hier.
Tag 38, 11.Oktober 2015
2.Ruhetag
Jaelyn die anderen und ich, wir sind in viele Gespräche gekommen. Schönes Gefühl. Der Tag wird vertrödelt und ist sehr entspannt. Morgen früh geht es weiter, allein. Ich bin hier zwar auch um auf andere Gedanken zu kommen, trotzdem muss ich weiter. Das Wetter wird nicht besser und es wird immer kälter mit viel Regen. ich möchte ja auch ankommen in Santiago und dann noch weiter bis nach Finesterra und Muxia.
Tag 39, 12. Oktober 2015
Sarria nach Portomarin, 25,44 km, ⬆️ 496m , ⬇️ 569m
11 Grad , es regnet, ziemlich stark sogar.
Heute geht es bis Portomarin Ca 21 km
Inzwischen hab ich hier so etwas wie eine “ Familie “ Jaelyn und ich sind die Eltern, der Rest sind die Kinder 😊
Wir werden den Camino nun gemeinsam zu Ende laufen,
Alle 5